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TILISCOS KOLUMNE – Ein Kreis ist ein Kreis, ist ein Kreis, oder?


Ein Kreis ist ein Kreis, ist ein Kreis, oder?

Es ist die Unendlichkeit, kein Anfang und kein Ende, was der Kreis symbolisiert. Diesen hohen Anspruch führt auch die Kreislaufwirtschaft in ihrem Namen. Aber kann es einen echten, unendlichen Kreislauf der Materialien überhaupt geben?

 

Nüchterne Antwort: Nein! Die physikalischen und chemischen Naturgesetze machen das nicht möglich. Jeder Prozess braucht Energie, die eingesetzt, umgewandelt und verbraucht wird. Ebenso gibt es einen Verlust von Stoffen, entlang der Umwandlungsprozesse, die aus dem betrachteten Kreislauf ausgetragen werden.

Beliebtes Beispiel aus der Natur: Der Baum nährt sich aus dem Boden, blüht, trägt Früchte, die fallen zusammen mit den Blättern hinunter, werden wieder zu Boden, nähren den Baum und immer so weiter. Es ist ein Kreislauf ja, mit verschiedenen Variablen. Wasser und Sonne müssen als Energie und Katalysatoren hinzukommen. Und wenn zu viele Früchte und Blätter von Tieren gefressen werden, stehen sie dem Baum an diesem Ort als Nahrung nicht mehr zur Verfügung. Die erhalten möglicherweise andere Pflanzen an anderer Stelle, genauso wie der Baum durch die Verdauungsprodukte der mobilen Vögel und Würmer Nährstoffe von anderen Pflanzen und Orten erhält. Insgesamt also ein geschlossener Kreislauf, denn die Produkte sind ähnlich, ergänzend und austauschbar. Materialkreisläufe funktionieren auf die gleiche Art und Weise. Es wird immer dann schwierig, wenn entweder zu viele nicht kompatible Produkte in den Kreislauf kommen oder zu viel Material in einer Sackgasse endet.

Für Papier heißt das, je mehr schlecht oder gar nicht von der Faser abtrennbarer Kunststoff z.B. in Form von funktionalen Barrieren, Siegelschichten, Lacken oder Klebern in den Kreislauf kommt, desto stärker wird das Altpapier verunreinigt. Es entstehen zu viele Verluste der guten Fasern, der Kreislauf stockt.

 

Ähnliches gilt für die Kunststoffe. Dass es auf den sortenreinen Stoffstrom der bepfandeten PET Einwegflaschen eine deutlich höhere Nachfrage, auch aus Nichtlebensmittelanwendungen gibt, ist lange bekannt. Und was auf keinen Fall passieren darf, ist dass eine hochwertige Stofffraktion wie PET ihre Sackgasse in der Verwendung für eine textile Faser oder einen Autoreifen findet, wonach es dann keinen weiteren Kreislauf mehr gibt. Schon mit den vorliegenden Stoffströmen aus der Sortierung des gelben Sacks ist noch viel mehr Kreislauf möglich. Die Innovationsschubladen sind prall gefüllt. Spannende zukunftsfähige Lösungen stehen in den Startlöchern. Hier ist ein „sich im Kreis drehen“ hochgradig unerwünscht: jetzt müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen stringent, konsequent und vor allem schnell, im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, die den Namen auch verdient, geschaffen werden.

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TILISCOS Kolumne im PackReport 05/2022
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