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TILISCOS KOLUMNE – Wie frei ist frei?


Wie frei ist frei?

Heutzutage ist es ja wirklich leicht mit gutem Gewissen einzukaufen. Diverse Siegel und Logos weisen den nachhaltigen Weg. Auf so vielen Produkten prangen die Versprechen „Frei von“ oder „ohne“ irgendeine schlechte Zutat. Aber heißt frei von auch wirklich ohne? Und was ist vom neusten Trend „plastikfrei“ zu halten?

Gilt es, aus Gesundheitsgründen auf eine bestimmte Zutat verzichten zu müssen, dann ist ein Aufdruck wie „Glutenfrei“, „ohne Zuckerzusatz“ oder „lactosefrei“ sicher hilfreich. Der Verbraucher möchte sich darauf verlassen, dass bei dem Aufdruck „Cruelty free“ auch wirklich kein Tier für den Produkttest leiden musste. Weichmacher, Konservierungsmittel, Pestizide, Gentechnik, Farbstoffe, künstliche Aromen, man könnte meinen, es ist viel wichtiger mitzuteilen, was alles weggelassen wird, als das, was tatsächlich im Produkt drin ist.

Aber Achtung! Genaues Hinschauen lohnt sich. Es kommt insbesondere auf die Bedingungen und rechtlichen Vorgaben an, die mit dem entsprechenden Label verknüpft sind. Als „alkoholfrei“ dürfen nach Lebensmittelrecht Getränke bezeichnet werden, die noch 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten, was nicht gleichbedeutend ist mit „frei von Alkohol“. Wussten sie, dass die meisten Käsesorten, außer Weichkäse, sowieso lactosefrei sind? Nicht so bekannt dürfte sein, dass Lebkuchen -die mit Oblate und der dunklen Schokolade- vegan sind. Das wird sich jetzt zur Weihnachtszeit ändern, wenn diese wichtige Botschaft auf vielen Packungen prangt.

Etwas als „frei von“ auszuweisen, wo der entsprechende Stoff noch nie drin war, grenzt an Verbrauchertäuschung.

Und der umgekehrte Fall auch. Wird eine Verpackung als „kunststofffrei“ beworben, sollte doch auch wirklich kein Kunststoff nachweisbar sein. Dieses Versprechen kann der kleine traditionelle Magenbitter, der jetzt in der Faltschachtel daherkommt, technisch gesehen nicht halten. Der vollflächig aufgetragene Glanzlack, die Druckfarben, der Kaschier- und der Haftkleber bestehen hauptsächlich aus Kunststoffen.

Das „plastic free“ Siegel wird auch an Verpackungen vergeben, die Biokunststoffe enthalten und nachweisen, dass eine industrielle Kompostierung nach DIN EN 13432 möglich ist. Aber das macht die Verpackung noch lange nicht plastikfrei. Denn auch die Biokunststoffe, abbaubar oder kompostierbar, fallen unter die Kunststoffdefinition. Hinzu kommt, dass nahezu alle Biokunststoffe Blends sind, mit einem nicht unerheblichen Anteil an fossilen Rohstoffen. „Frei von Plastik“ stimmt hier im Sinne der Verkehrsauffassung definitiv nicht.

 

Wann ist endlich Schluss mit großspurigen Marketingaussagen, die auf der Welle der Nachhaltigkeit reiten und nicht das halten können, was sie versprechen wollen?

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TILISCOS Kolumne im PackReport 11/2021
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